Yoga-Übungen bei Polyneuropathien

Heike schaute zu mir, ihre großen Augen wie zwei tiefe blaue Seen voll mit Freudentränen. „Es geht mir so gut! Ich habe das Gefühl, selbst meine Neuropathien sind besser geworden“. Das war nach einer Yoga-Stunde, ein paar Monate nachdem Heike mit Yoga angefangen hatte. 

Ich erzähle es dir nicht, um dir zu sagen, wie toll mein Yogaunterricht ist. Heikes Reaktion zeigt, wie belastend Neuropathien sein können. Sie geben das Gefühl der Machtlosigkeit und machen Angst, dass es für immer so bleibt. 

Was sind Neuropathien? 

Polyneuropathien sind häufige Nebenwirkungen der Krebstherapien. Dabei werden Nervenenden beschädigt. Besonders betroffen sind Hände und Füße. Neuropathien äußern sich als unangenehmes Kribbeln, Taubheitsgefühl bzw. Gefühlsstörungen oder als Überempfindlichkeit der betroffenen Regionen. 

Dies wiederum kann zu weiteren Schwierigkeiten führen:

  • Unkontrollierte Zuckungen, 
  • Gleichgewichtsstörungen und erhöhte Sturzgefahr, 
  • Schwierigkeiten beim Greifen, Halten und feinmotorischen Tätigkeiten,
  • Kraftverlust in den Gliedern,
  • Schmerzen und Krämpfe. 

Heute werden in modernen Kliniken Kühlhandschuhe und -füßlinge angeboten. Das soll die Durchblutung der Glieder verringern und das Medikament kann nicht so viele Schäden einrichten. 

Yoga hilft!

Tipps im Umgang mit Neuropathien

  1. Frage, ob deine Klinik Kühlhandschuhe und Füßlinge anbietet. 
  2. Mit gezielten Übungen kannst du deine Nerven stimulieren und das Gleichgewicht trainieren. Am besten beginnst du damit noch vor dem Anfang der Therapie. Setze dein Training während und nach der Therapie unbedingt fort. 
  3. Vermeide Alkohol, Nikotin, Koffein und andere Nervengifte. Auch Botox ist ein starkes Nervengift. 

Neuropathien als Nebenwirkung der Chemotherapie sind nicht nur auf der körperlichen Ebene sehr belastend, sondern auch auf der geistigen: Kontrollverlust, Angst, dass es für immer bleibt. 

Mit Yoga kannst du Polyneuropathien gut bewältigen. So hilft dir Yoga:

  • Mit gezielten Übungen, die deine Sensomotorik fördern, kannst du deine Beweglichkeit und Geschicklichkeit erhalten. 
  • Balanceübungen festigen die neuronalen Verbindungen im Gehirn, die für das Gleichgewicht zuständig sind. 
  • Du kräftigst die Muskulatur, die deine Bewegungen ausbalancieren, kannst dich gut auffangen und verringerst die Sturzgefahr. 
  • Das alles gibt dir den inneren Halt und baut Vertrauen in deinen Körper (wieder) auf. 
  • In einer Yogapraxis schließt du Frieden mit deinem Körper, dem jetzigen Moment und mit allem was ist. Dieser Aspekt ist sehr wichtig! Neuropathien können extrem viel Widerstand in uns erzeugen. Widerstand erhöht den Gegendruck und raubt dir Energie. Diese Energie brauchst du für deine Heilung! Wenn du Frieden mit deinem Zustand schließt, befreist du diese Energie. 

Auch wenn es nicht schnell gelingt, dran bleiben lohnt sich. Je häufiger du dich in den friedlichen Zustand versetzt, um so besser lernt es dein System. 

In unseren Yogakursen und Videos haben wir fast immer Übungen gegen Polyneuropathien. 

Übungen gegen Polyneuropathien

Erste Übung

Fange in der Berghaltung – Tadasana – an. Erde die 4-Punkte deiner Füße: Großzehballen, innere Ferse, Kleinzehballen und äußere Ferse. Spüre die Verbindung mit der Erde und aktiviere sanft die Fussmuskulatur.

Fang an, das Gewicht langsam nach vorne und nach hinten zu verlagern. Schaukel vom Vorderfuß in die Ferse und zurück. Für mehr Stabilität, halte dich an der Wand oder einem Stuhl fest. Du kannst jedes Mal die Zehen und die Fersen immer höher heben.

Zweite Übung

Stelle dich neben der Wand oder einem Stuhl und lege einen Yogablock oder ein dickes Buch bereit. Steige langsam mit einem Fuß auf den Block und dann wieder ab. Ähnlich wie bei der ersten Übung, spüre jedes Mal die 4 Punkte des Fußes auf dem Block. 

Wiederhole mehrmals auf beiden Seiten. Du kannst die Bewegung mit dem Atem synchronisieren: z. B. steige mit der Einatmung auf und mit der Ausatmung ab.

Dritte Übung: Achtsames Gehen auf verschiedenen Untergründen

Laufe langsam auf Steinboden, Sand, Rasen, unebenen Oberflächen. Rolle den Fuß langsam ab, gehe in einer Linie, rückwärts oder seitwärts. Wichtig ist hier: spüren. Mache daraus eine Gehmeditation und genieße zusätzlich die Entschleunigung.

Vierte Übung mit Faszien- oder Tennisball

Nimm dir einen Faszien- oder Tennisball und roll ihn energisch unter der Fußsohle. Anschließend spüre in der Berghaltung nach. Du kannst auch einen Igelball rollen, passe dabei auf, dass du im schmerzfreien Bereich übst.

Vierte Übung

Strecke den linken Arm diagonal nach oben aus und massiere mit der rechten Hand die linke liebevoll aus. Streife dem Arm entlang Richtung Herzraum und mache dabei mit der linken Hand pumpende Bewegungen. Diese Übung aktiviert auch den Lymphfluss und hilft bei Lymphödemen. Wiederhole 5-7 Mal und wechsele die Seiten.

Fünfte Übung

Aus der Berghaltung verlagere das Gewicht in den rechten Fuß und ziehe das linke Knie Richtung Brust, atme aus. Mit der Einatmung strecke das linke Bein leicht nach hinten aus. Wiederhole 3 Mal und anschließend komme in deine Variante der Baumhaltung.

Stelle den linken Fuß auf den Unterschenkel, Oberschenkel oder an den Knöchel. Halte dich gerne an der Wand oder am Stuhl fest. Wechsele die Seiten. 

Sechste Übung

Aus der Berghaltung verlagere das Gewicht in den rechten Fuß und neige dich insgesamt nach rechts. Arme optional nach oben oder diagonal ausgestreckt. Das linke Bein kann den Boden berühren oder in der Luft sein. Halte die Balance und wechsele die Seiten. Wiederhole auf beiden Seite 3-5 Mal.

Siebte Übung

Komm in den 4-Fuß-Stand, platziere die Knie unter die Hüftgelenke und die Hände ungefähr unter die Schultergelenke. Wenn die Handgelenke schmerzen krabbele mit den Händen ein paar Zentimeter nach vorne. Fächere die Finger breit auf und drücke sanft die Fingerspitzen und Fingergrundgelenke, auch das Zeigefingergrundgelenk, in den Boden.

Fang an, sanft nach vorne und hinten zu schaukeln. Mach die Bewegungen erst sehr klein, du kannst sie allmählich vergrößern. Spüre, wie das Gewicht mit den Bewegungen sich verlagert. Drehe die Hände so, dass die Fingerspitzen nach außen zeigen. Schaukele von links nach rechts. Wiederhole mit den Fingerspitzen nach innen und zum Schluss drehe die Hände so, dass die Fingerspitzen Richtung Knie zeigen und schaukele wieder vor und zurück. 

Sei liebevoll zu deinem Körper und übe im schmerzfreien Bereich. 

Videothek

Hier findest Du die Praxis bei Neuropathien.

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